KI-Fakes sind gekommen um zu bleiben – Wir müssen mit Medienbildung gegenhalten

Es dürfte wohl an kaum einem vorbeigegangen sein, dass Künstliche Intelligenz (KI) der neueste Trend am Tech-Firmament ist. Doch viele von uns bekommen die neuesten Entwicklungen nur aus zweiter Hand – aus sozialen Medien oder den Nachrichten – mit und sind sich der enormen Gefahren dieser neuen Technologie nicht bewusst. Denn anders als bisherige, oft kurzlebige Technologietrends, spielt KI in einer ganz anderen Liga, was positive aber eben auch negative Auswirkungen auf die gesamte Gesellschaft betrifft. Es ist daher von unschätzbarem Wert, sich genauer mit dieser noch recht jungen Technologie vertraut zu machen. Denn freiheitliche Demokratien wie die unsere sind besonders verwundbar für Mis- und Desinformationskampagnen bösartiger Akteure.
Bereits Thomas Jefferson hatte erkannt, dass der Grundstein einer jeden Demokratie aus einer gebildeten Wähler*innenschaft besteht. Diese Erkenntnis ist heute so aktuell wie nie. Denn KI, insbesondere die generative KI (zur Bild-, Text- sowie Videoerstellung), ist im Begriff die Grenzen der wahrgenommenen Realität zu verwischen, ja aufzulösen. Gerade die generative KI erfährt derzeit großes mediales Interesse. Zum einen, da auf diesem Forschungsfeld aktuell große Sprünge vollzogen werden; zum anderen, weil die KI-generierten Bilder, Texte und neuerlich auch Videos so eindrucksvoll und emotional greifbar sind.

Fälschungen erkennen, Täuschungsversuche abwehren

Bereits beim heutigen Stand der KI-Entwicklung ist es für eine*n durchschnittlichen Bürger*in kaum mehr möglich, echte Bilder von Deep-Fakes zu unterscheiden. Selbst Expert*innen müssen bei ausgefeilten KI-generierten Bildern genau hinschauen, um verräterische Details ausfindig zu machen, die auf einen Täuschungsversuch hindeuten. Bei KI-generierten Texten ist dies nochmal ungleich komplizierter. Wer sich nicht ausgiebig mit generativer KI beschäftigt, dem fällt es schwer, die KI-spezifischen Muster intuitiv zu erkennen. Diesen Umstand machen sich professionelle Betrüger*innen, aber auch zunehmend staatliche Akteure wie Russland oder China zunutze, um das meist gutgläubige Publikum für ihre Zwecke hinters Licht zu führen.
Wo es Betrüger*innen „nur“ um das schnelle Geld geht, sind die Ziele staatlicher Akteure viel weitreichender.

Konzertierte Desinformationskampagnen stellen die Demokratie auf eine harte Probe

2024 ist ein globales Superwahljahr. Die USA haben im November Präsidentschaftswahlen, das Europäische Parlament wird im Mai neu gewählt. Ebenso im Mai finden die Parlamentswahlen in Großbritannien und Indien statt.
Schon jetzt heißt es aus Kreisen gut informierter Beobachter*innen, dass 2024 das letzte Jahr sein wird, in dem wir noch halbwegs ungeschoren davonkommen und demokratische Wahlen nicht von der KI-befeuerten Fake-Realität überwältigt werden. Ob der Papst im Rapper-Outfit, das Pentagon in Rauchschwaden, Taylor Swift in sexualisiertem Kontext oder Donald Trump inmitten schwarzer Jugendlicher: Die meisten haben schon einmal ein täuschend echt aussehendes Bild in den sozialen Medien gesehen, das in Wirklichkeit von einer KI produziert wurde. Neben harmlosen Motiven mischen sich jedoch auch immer mehr reißerische und politisch motivierte Fakes in die Feeds von vielen Millionen Social Media Nutzer*innen. So werden Flüchtlinge in menschenverachtenden Szenarien als Gewalttäter dargestellt, Politiker*innen diffamiert oder nie geschehene Ereignisse mit KI-generiertem Bild- und Textmaterial “nachgewiesen”.
Die Profiteure dieser neuen Lebenswelt sind vorrangig extremistische Parteien, die es mit der Wahrheit meist nicht ganz so genau nehmen und obendrauf ausgiebige Unterstützung von demokratiefeindlichen Kräften aus dem Ausland erhalten.
Konzertierte Desinformationskampagnen setzen dabei den Meißel an der Achillesferse jeder Demokratie an, um maximale Fliehkräfte zu erzeugen: Dem*der unbedarften und ungeschulten Wähler*in.

Medienkompetenz, Medienkompetenz, Medienkompetenz!

Vollkommen verhindern kann man die negativen Auswirkungen von KI-generierten Täuschungen wohl nie. Dafür sind wir Menschen zu unterschiedlich und zu sehr von unserer individuellen Bildung und Erziehung geprägt.
Wie man sich gegen die volle Wucht der aufkommenden KI-Lawine wappnen kann, zeigen Finnland und Taiwan sehr eindrücklich. Beide Länder befinden sich unter dem Damoklesschwert eines von Expansionsbestrebungen getriebenen, übermächtigen Nachbarn. Sowohl Russland, doch noch viel mehr China folgen dabei der Doktrin, dass ein Eroberungsfeldzug am besten ohne Waffengewalt bestritten wird. Beide Länder sind große Verfechter der hybriden Kriegsführung; manche Propagandisten geben sogar offen zu, dass die groß angelegten Desinformationsanstrengungen bereits die Anfangsphase eines neuen Weltkriegs markieren.

Was können wir also tun? Wie bereits erwähnt, sollten wir uns ein Beispiel an Taiwan und Finnland nehmen, die seit Jahrzehnten mit der Abwehr intensivster Propagandabemühungen auseinandersetzen müssen. Beide Länder haben die formelle Ausbildung der Medienkompetenz ihrer Bürger*innen als effektivstes Mittel zur Abwehr von Desinformation erkannt. Denn mit Verboten kommt man üblicherweise nicht sehr weit. Wo ein Account oder eine Plattform verboten wird, wachsen an anderer Stelle zwei neue nach. Der einzige Weg, dieser Desinformations-Hydra etwas entgegenzusetzen, besteht in der großflächigen Vermittlung von Medienkompetenz. Wer Fakes erkennen kann – anhand verräterischer Unstimmigkeiten oder durch den Einsatz einer gut informierten Skepsis – der muss nicht ständig zum eigenen Schutz an der Hand gehalten werden.

Der Nachholbedarf ist riesig – Kampagnen zur Förderung von KI-Kompetenz können helfen

Nun kann man beim besten Willen nicht erwarten, dass wir mehrere Jahrzehnte von Versäumnissen des deutschen Bildungssystems in ein paar Monaten reparieren können – auch wenn wir dies eigentlich bräuchten. Die Anfänge müssen jedoch gemacht werden. KI wird mit jedem Tag raffinierter. In spätestens ein bis zwei Jahren wird es mit dem freien Auge kaum mehr möglich sein, Fakes von realen Bildern, Sprachaufzeichnungen, Artikeln und demnächst auch ganzen Videos zu unterscheiden.

Wir bei RISK IDENT haben es uns deshalb zum Ziel gesetzt, in Zusammenarbeit mit verschiedenen Partnern aus Zivilgesellschaft, Wirtschaft und Politik eine mehrmonatige Informationskampagne zu initiieren, die der Förderung von Medienkompetenz und Vermittlung von KI-Grundwissen dienen soll.
Denn nur mit gemeinsamen Anstrengungen und der damit verbundenen, erhöhten Reichweite, können wir die deutsche Gesellschaft mit dem nötigen Handwerkszeug ausstatten, um nichts weniger als die freiheitliche Demokratie langfristig gegen KI-getriebene Täuschungskampagnen zu immunisieren.

Diese Aufgabe ist zu wichtig, um weitere Zeit verstreichen zu lassen. Lasst uns also heute damit anfangen!

Felix
Ellipse für Hintergrund

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Felix Steinmann – Co-CEO

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